Zuzana Blazek, Senior-Researcher am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und Expertin im Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA), sprach auf der ORGATEC über die Bedeutung von Resilienz im Arbeitsalltag. In ihrem Vortrag gab Blazek Einblicke in die Resilienzforschung und deren Nutzen für Unternehmen und Mitarbeiter. In einer Zeit, die für Arbeitnehmer von großer Unsicherheit geprägt ist und immer wieder neue Anpassungsfähigkeit gefragt sei, sei es besonders wichtig, die psychische Widerstandsfähigkeit der Mitarbeiter zu fördern.
Die schnelle und unberechenbare VUCA-Arbeitswelt beschäftigt uns schon länger und auch gesellschaftliche Veränderungen wie Covid, Klimakrise und der Krieg in der Ukraine verunsichern viele Menschen. Auch für viele Beschäftigte sind dies zusätzliche Stress-Faktoren, die langfristig Gesundheit und Motivation gefährden. Gerade für Unternehmen, die den Schritt in die Arbeitswelt der Zukunft gemeinsam mit ihren Mitarbeitern gestalten wollen, wird der richtige Umgang mit Stress und Unsicherheit daher immer wichtiger.
Resilienz als Instrument gegen Stress und Unsicherheit
Was genau ist denn eigentlich Resilienz? In der ursprünglichen, physikalischen Bedeutung des Wortes handelt es sich bei resilienten Materialien um solche, die trotz äußerer Einwirkung immer wieder in ihre ursprüngliche Form zurückkehren. Resilient ist also nicht der Superheld, der alle Probleme an sich abprallen lässt. Vielmehr beschreibt die Psychologie Resilienz als Fähigkeit, eine Krise mit Hilfe der eigenen Ressourcen zu bewältigen und mit dem Gelernten noch besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein. Gute, stärkende Beziehungen und Netzwerkorientierung wurden in der Vergangenheit als Resilienz fördernde Faktoren identifiziert. Ebenso beeinflusse die individuelle Ausprägung von Attributen wie Akzeptanz und Lösungsorientierung den Umgang mit Krisen. „Menschen, die immer wieder mit Gegenwind konfrontiert waren, sind mit Abstand am resilientesten, weil sie gelernt haben, mit Krisen umzugehen“, so Blazek. Es folgen Menschen, die in ihrem Leben mit extrem vielen Krisen und persönlichen Herausforderungen konfrontiert wurden, also beispielsweise in sehr schwierigen Verhältnissen aufgewachsen sind. Mit Abstand am wenigsten resilient seien die Menschen, von denen man immer versucht habe, Stress fernzuhalten. Die wichtigste Erkenntnis für die Arbeitswelt: Resilienz lässt sich durchaus trainieren!
Potenziale für Unternehmen erkennen
Gerade bei jungen Menschen ist Resilienz ein großes Thema. Diese Generation sucht aktiv nach einem Arbeitsumfeld, das ihnen Leitplanken für ein gesundes und ausgeglichenes Leben bietet. Sie fordert dies sogar in Bewerbungsgesprächen ein, auch wenn sie es nicht direkt so benennt. „Sie sagen: Was tun Sie für meine Gesundheit? Dann müssen wir als Unternehmen überlegen, was wir ihnen denn bieten“, sagt Blazek. Unternehmen können also aktiv zur Resilienz ihrer Mitarbeiter beitragen und diese nutzen, um sie gesund und leistungsfähig zu halten. Dies geschieht zum einen durch Führung, die es versteht Aufgaben so zu verteilen, dass die psychische Widerstandsfähigkeit gefördert wird und zum anderen durch Unterstützung der Mitarbeiter bei der individuellen Entwicklung der notwendigen Ressourcen, zum Beispiel durch Weiterbildung und Resilienztrainings.
„Ganz spannend ist das Thema Standortbestimmung: Sich einmal zu fragen, welche Rollen nehme ich eigentlich im Leben ein und wieviel Zeit widme ich diesen Rollen? Das ist der Weg zur eigenen Resilienz“, erklärt Blazek. Solche Trainings sind ein aufwändiger, langfristiger Reflexionsprozess. Entscheidend sei, herauszufinden, was die individuellen Stressauslöser sind und welche Ressourcen bereits vorhanden sind, um eine Krise erfolgreich zu bewältigen. Einige dieser Ressourcen werden bereits häufig genutzt und intuitiv angewendet, um schwierigen Situationen mit Akzeptanz und Widerstandsfähigkeit entgegenzutreten, sie zu reflektieren und aus ihnen zu lernen. Andere hingegen seien weniger ausgebildet – hier gelte es, sie weiter zu fördern und so im Krisenfall nutzbar zu machen.
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Mehr als ein Mitarbeiter-Benefit
Abschließend hat Zuzana Blazek noch einige praktische Tipps für Unternehmen: „Resilienz ist kein weicher Faktor, den man seinen Mitarbeitern als ‘nice to have‘ anbieten kann.“ Vielmehr liege es an den Unternehmen, die individuelle Resilienz der Mitarbeiter als einen wichtigen Wirtschaftsfaktor zu erkennen und zu fördern. Nur so können Arbeitgeber auch in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sein, motivierte Mitarbeiter finden und diese gesund und leistungsfähig halten. Aufgabe von Führungskräften ist es daher, es den Mitarbeitern zu ermöglichen, an sinnstiftenden, aber auch bewältigbaren Aufgaben und Herausforderungen zu wachsen. Dabei gilt es, die richtigen Rahmenbedingungen in Form von resilienzfördernden Strukturen wie Weiterbildungsangeboten, Wertschätzung und Fehlerkultur in der Unternehmenskultur zu verankern.