In den letzten Jahren hat sich die Arbeitswelt stark verändert. Hybrid Work und mobiles Arbeiten sind gesetzt. Insbesondere in der Pandemie hat sich gezeigt, dass flexibles Arbeiten zu Hause oder an anderen Arbeitsorten möglich ist. Da liegt es nahe, dass sich auch die Art und Weise, wie wir uns im Business kleiden, verändert hat.
Statistiken belegen ein „New Formal“ in der Business-Mode
Die Umsätze für Business-Anzüge und ‑Kostüme sind in den letzten Jahren gesunken. Die PwC-Untersuchung „Dresscode im Wandel: Wie sich die Business-Mode verändert“ hat ergeben, dass der Anteil von Anzügen und Kostümen in vielen Unternehmen zurückgegangen ist. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach bequemer Kleidung wie beispielsweise Hoodies gestiegen. Das schlägt sich auch in den Absatzzahlen der entsprechenden Kleidungsstücke nieder. Laut dem Textilwirtschaft-Branchenreport 2021 sank der Umsatz für Herrenanzüge um 14 % und der für Damenanzüge um 9 %. Dagegen stieg der Umsatz für sportliche und bequeme Kleidung um 16 %.
Legerere Business-Kleidung ist inzwischen nicht mehr ungewöhnlich und wird von vielen Unternehmen akzeptiert. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Branchen und Unternehmen. In konservativeren Branchen wie Banken und Versicherungen werden Hoodies immer noch als unangemessen angesehen, wohingegen der Trend in Start-ups und vielen mittelständischen Unternehmen mehr in Richtung eines weniger formellen Business-Dresscodes geht, der auch das Tragen von Kapuzenshirts zulässt. Damit reagieren die Unternehmen auf die Wünsche ihrer Mitarbeiter. Laut der im letzten Jahr veröffentlichten BearingPoint-Studie „Bürokleidung der Zukunft – was trage ich morgen im Büro?“, bei der 1.000 Berufstätige in der DACH-Region befragt wurden, möchten 62 % künftig im Büro T‑Shirts und Sweater tragen. Nur noch 2 % können sich vorstellen, täglich mit Krawatte oder Halstuch zur Arbeit zu gehen. Auch die Ausgaben für spezifische Bürokleidung sanken bei den Befragten in den letzten Jahren deutlich. Lagen die Ausgaben 2019 jährlich noch im Schnitt bei 1.176 Euro, fielen sie 2020/2021 auf durchschnittlich 480 Euro. Dabei sanken die Ausgaben bei Frauen um 64 %, Männer reduzierten sie um 56 %.
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Der Post-Corona-Dresscode verändert die Unternehmenskultur
Kleider machen Leute, heißt ein Sprichwort. Das lässt sich auch auf das Auftreten im Beruf übertragen. Die Kleidung, die Teams tragen, ist Ausdruck der Werte und der Philosophie eines Unternehmens. Kleidung ist ein wesentlicher Teil der Identität von Menschen wie von Organisationen und lässt für Externe und Bewerber Rückschlüsse auf die gelebte Kultur zu. „Mode ist nur vordergründig irrelevant. Kleidung ist sehr wirksam und hat einen dauerhaft prägenden Einfluss“, so Prof. Dr. Thomas Breyer-Mayländer, Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Medienmanagement an der Hochschule Offenburg, 2021 im Personalmagazin-Talk mit dem IBA Forum. „Kleidung ist Ausdruck von Gruppen- und Unternehmenskultur und transportiert die jeweilige Arbeitshaltung.“
Ein lockerer Business-Dresscode mag zwar ein Zeichen von New Work und agilem Mindset sein. Er birgt aber für die Außenwahrnehmung eine Gefahr, steht formale Kleidung doch für die meisten Menschen immer noch für Professionalität und Kompetenz und wird gerade deshalb in der Beziehung zu externen Geschäftspartnern und Management vielfach nach wie vor erwartet. Wenn sich Mitarbeiter im Büro unterschiedlich kleiden, kann das also ungeahnte Folgen haben.
Die BearingPoint-Studie zeigt drei Ansätze, wie Unternehmen mit diesem Dress-Dilemma umgehen können:
- Aushandeln von Smart Dresscode Contracts, anlassbezogenen Regeln, die festlegen, wie sich die Mitarbeiter, je nach Anlass, im Unternehmen zu kleiden haben.
- Thematisierung der Bürokleidung im Kontext von Arbeit, gemeinsame Dresscode-Diskussionen der Führungskräfte mit der Belegschaft.
- Definition von Business-Kleidungsregeln für alle Formen von Hybrid Work, im Büro, bei mobilen Arbeiten, im Homeoffice und bei Videokonferenzen, damit eine einheitliche Außenwirkung der Organisation gewährleistet ist.
Das äußere Erscheinungsbild ist im Business-Kontext ein mächtiges nonverbales Kommunikationsmittel. Es wird mit Kompetenz und Professionalität in Verbindung gebracht und ist nach außen wie auch nach innen ein starker Ausdruck der Unternehmenskultur. Auch wenn durch hybrides Arbeiten Business-Mode legerer geworden ist, sind sich Psychologen, Soziologen und Unternehmensberater doch einig, dass die Arbeitswelt weiterhin einen gewissen Grad an Formalität braucht. Der hat sich allerdings verändert.
Lesen Sie hierzu die folgenden Experteninterviews mit Ines Thömel und Professor Dr. Breyer-Mayländer (ab 11. April 2023).