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Verantwortung teilen: Co-Leadership bei John Deere

Work Culture

Alina Reger, Organisational Development Consultant bei John Deere
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
6 Minuten

Das Thema Führungskräfteentwicklung wird derzeit in vielen Personalabteilungen neu gedacht. Für den Landmaschinenhersteller John Deere gehört Co-Leadership dazu – eine Form von Führung, bei der Verantwortung bewusst geteilt wird. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Konzept und wie setzen es Unternehmen in der Praxis um? Wir sprachen mit Alina Reger, Organisationsentwicklerin beim Landmaschinenhersteller John Deere, über die Einführung von Co-Leadership im Unternehmen.

Frau Reger, wie würden Sie die Unternehmenskultur bei John Deere beschreiben?

John Deere blickt auf eine über 180-jährige Unternehmensgeschichte zurück. Diese Tradition hat uns geprägt. Unsere Unternehmenswerte Innovation, Integrität, Qualität und Engagement sind fest verankert. Auch Diversity, Equity und Inclusion (DEI) haben bei John Deere einen hohen Stellenwert. Unsere Arbeitskultur zeichnet sich durch einen sehr persönlichen Umgang miteinander aus. Wir fordern jeden Einzelnen aktiv dazu auf, über den Tellerrand zu blicken, neue Wege zu gehen, innovativ zu sein und sich bei der Arbeit crossfunktional auszutauschen.

Welche Möglichkeiten gibt es bei John Deere, sich weiterzuentwickeln und seine Fähigkeiten auszubauen?

John Deere wurde erneut als einer der besten Arbeitgeber Deutschlands ausgezeichnet. Diese positive Bewertung ist unter anderem das Ergebnis der konsequenten Umsetzung der DEI-Strategie. John Deere erkennt, respektiert und fördert die Einzigartigkeit jedes Einzelnen und stellt Chancengleichheit sicher. Lebenslanges Lernen hat bei uns einen hohen Stellenwert. Sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln, ist auf vielfältige Weise möglich. Entwicklung definieren wir nach dem 70/20/10-Modell. 70 % findet durch Erfahrung in der täglichen Anwendung von Wissen statt. 20 % durch Lernen von anderen – hier bieten wir Möglichkeiten wie one day in your shoes, Mentoring‑, Reverse-Mentoring-Programme und Austauschformate wie das Format Lunch & Learn. Die restlichen 10 % werden durch Aus- und Weiterbildung erreicht. Hier bieten wir neben in- und externen Schulungen und Trainingsmöglichkeiten auch eine KI-gestützte Selbstlernplattform an.

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Eines Ihrer Konzepte in der Organisationsentwicklung ist Co-Leadership. Wie ist Co-Leadership bei John Deere definiert?

Unter Co-Leadership verstehen wir, dass sich zwei Personen gemeinsam und vor allem gleichberechtigt eine Führungsposition teilen. Die beiden Führungskräfte bezeichnen wir als Tandem. Damit möchten wir unseren Mitarbeitenden lebensphasenorientierte Karrieremöglichkeiten bieten, die sich an ihren Bedürfnissen orientieren und es ihnen ermöglichen, Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren. Darüber hinaus möchten wir mit Co-Leadership natürlich auch Talente im Sinne der Arbeitgeberattraktivität fördern, gewinnen und binden. Es ersetzt aber nicht die klassische Vollzeitkarriere, vielmehr ist es ein alternativer Karriereweg, der zwei Perspektiven zusammenbringt. In der Praxis gibt es nicht „das eine“ Co-Leadership-Modell, denn die Modellvielfalt ist riesig und die Gestaltung letztlich individuell.

Wo liegen die Chancen solcher Konzepte?

Für mich liegen die Chancen in den Bereichen Führungsqualität, Teamdynamik und Unternehmenserfolg. Ich glaube, dass Co-Leadership zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und einer besseren Work-Life-Balance beiträgt. Führungsaufgaben können auf mehrere Schultern verteilt werden, was Entlastung, mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden mit sich bringt. Darüber hinaus bringt Co-Leadership zwei Individuen mit unterschiedlichen Netzwerken, Erfahrungen, Expertisen und Stärken zusammen, was das Lernen von- und miteinander stärkt. Auch die Teams profitieren von einer größeren Vielfalt, dem doppelten Erfahrungsschatz und der Erreichbarkeit auch in Krankheits- und Urlaubszeiten. Und schließlich ist Co-Leadership ein gutes Instrument, um mehr Vielfalt in die Führungsetagen zu bringen, Frauen zu fördern und durch flexible Arbeits- und Führungsmodelle Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Aktuelle Studien belegen zudem, dass Führungstandems innovativer und kreativer sind als Vollzeitbesetzungen.

Was sind die Voraussetzungen für ein funktionierendes Modell von Führung in Teilzeit und Co-Leadership?

Zum einen eine Kultur, die Vielfalt und Flexibilität fördert. Und natürlich die Unterstützung durch das Top-Management. Wichtig ist, dass Co-Leadership als gleichwertiges Führungsmodell und nicht als Karriereknick verstanden wird. Darüber hinaus braucht es neben strukturellen Rahmenbedingungen in Bezug auf die zeitliche und inhaltliche Gestaltung auch Freiheitsgrade in der individuellen Umsetzung. Und natürlich die zwischenmenschlichen Voraussetzungen. Ein Tandem kann nur funktionieren, wenn es ähnliche Wertvorstellungen und ein gemeinsames Zielbild hat. Und auch die persönlichen Voraussetzungen sind wichtig. Ein Co-Lead muss team- und konfliktfähig sein, Kompromisse eingehen können und ein hohes Maß an Selbstreflexion mitbringen.

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Welche Erfahrungen haben Sie bei John Deere mit Co-Leadership gemacht? Was läuft gut und welche Schwierigkeiten gilt es zu meistern?

Die Idee, Co-Leadership als alternativen Karriereweg anzubieten, entstand aus einer DEI-Initiative, die von der Geschäftsleitung angeregt wurde. Wir haben das Modell dann vor etwa einem Jahr in verschiedenen Fachbereichen und auf verschiedenen Hierarchieebenen etabliert. Das Interesse im Unternehmen ist groß. Darauf wollen wir aufbauen. Regelmäßige Informationsveranstaltungen machen auf das Angebot aufmerksam. Sehr positiv wird wahrgenommen, dass wir unsere Tandems eng begleiten. Wir unterstützen vor allem das Onboarding, führen regelmäßige Retrospektiven durch und binden auch das Team mit einem Workshop in den Co-Leadership-Prozess ein, in dem wir über Chancen und Erwartungen sprechen. Besonders herausfordernd ist die strukturelle, organisatorische Ebene. IT-Systeme und Standardsoftware sind auf eine 1:1‑Zuordnung ausgelegt. Das gibt es bei Co-Leadership nicht. Auch die Darstellung im Organigramm und die Vergabe von Systemrechten etc. erfordern innovative Lösungen und Herangehensweisen.

An wen richtet sich das Angebot und wer nutzt es tatsächlich?

Das Angebot richtet sich derzeit an Führungskräfte im außertariflichen Bereich. Es wird von Männern und Frauen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen in unterschiedlichen Fachbereichen genutzt. Und natürlich auch aus unterschiedlichen Gründen und Motiven. Zum einen, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Aber auch, um Zeit für Weiterbildung oder ein intensives Hobby zu haben oder um den ersten Schritt in eine Führungsposition zu erleichtern.

Wie werden die Tandempartner für Co-Leadership zusammengebracht?

Es gibt zwei Möglichkeiten. Wir schreiben Stellen nie nur für Co-Leadership aus, sondern mit der Option auf Co-Leadership. Entweder bewerben sich Mitarbeitende allein und geben in ihren Unterlagen an, dass sie ein persönliches Interesse an Co-Leadership haben. Wir suchen dann im weiteren Bewerbungsprozess eine:n geeignete:n Tandempartner:in. Alternativ gibt es bereits eine:n Tandempartner:in aus dem persönlichen Netzwerk und dann bewerben sich beide gemeinsam auf die Stelle. Das Matchmaking ist aber noch ein Punkt, den wir in Zukunft vereinfachen wollen.

Frau Reger, vielen Dank für das Gespräch.

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Alina Reger ist bei John Deere als Organisational Development Consultant für die Implementierung von Co-Leadership verantwortlich und begleitet Tandems auf ihrem Lern- und Entwicklungsweg. Der international tätige Landmaschinenhersteller wurde 2023 vom Top Employer Institut als bester Arbeitgeber ausgezeichnet und betreibt in Deutschland sechs Standorte. Die Entwicklungs‑, Produktions- und Marketingzentren bieten Mitarbeitern bedürfnisorientierte Rahmenbedingungen und ein vielfältiges Arbeitsumfeld. Weitere Informationen unter https://www.deere.de/.

Titelbild: Alina Reger