Auch in diesem Jahr setzte die New Work Experience (NWX), die Flagschiffveranstaltung der New Work SE mit ihren Töchtern XING und kununu, wieder Akzente in der Diskussion über die Arbeitswelt der Zukunft. Im Fokus stand in diesem Jahr die Unternehmenskultur. Im Juni 2022 sprach Moderator und Top-HR-Influencer Gero Hesse beim nachmittäglichen Talk im Rahmen der NWX mit Prof. Dr. Gesche Joost, Universität der Künste Berlin, und Kerstin Potthoff-Koß, Drägerwerke, über kollaborative Arbeits- und Entwicklungskonzepte, über Unternehmenskultur, das „Neue Normal“ und die Frage, wie New Work Führung verändert.
„Ich verstehe mich als Enabler, Coach und Mittler für meine Mitarbeiter:innen und versuche, für sie beste Arbeitsbedingungen zu schaffen.“ Prof. Dr. Gesche Joost
Co-Kreation statt klassischen Lehrbetriebs
New Work ist auch in der Lehre angekommen. Prof. Dr. Gesche Joost arbeitet an ihrem Lehrstuhl für Designforschung an der Universität der Künste (UdK) in Berlin daran, im Bereich Gesundheit Innovationen zu schaffen. Intelligente Produkte wie der AI-Hoodie, der ungesunde Haltungen korrigiert, und eine über App steuerbare „Super-Hero“-Hose für Jugendliche mit Haltungsstörungen beim Gehen sind nur zwei Beispiele. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit passiert an der UdK im Co-Researching Space, einem 600 Quadratmeter großen Open Lab, in dem alle Disziplinen der Universität zusammenkommen. In einem partizipativen Designprozess entwickeln die Wissenschaftler in Co-Kreation mit den Produktnutzern Prototypen und passen sie iterativ an die konkreten Anforderungen der Nutzer an.
Wie New Work Führung verändert
„Agile Arbeit ist tough und erfordert neben einem hohen Selbstverantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter auch von Führungskräften neue Skills. Leadership in hybriden Arbeitswelten ist noch mal komplett ein anderes Ding. Es geht viel weniger um fachliche Förderung als darum, Beistand, Partner für persönliche Fragestellungen sowie Krisenmanager zu sein, also ein komplett anderes Profil“, so Joost. Unternehmens- und Gruppenkultur zusammenzuhalten und die Freiheitsgrade von New Work zu managen ist die neue Anforderung an Führungskräfte. Für Joost ist es eine Führungsaufgabe, zu schauen, wo Mitarbeiter am besten arbeiten und ihre Stärken entfalten können. Dazu gehört für sie, eine inspirierende Umgebung zu schaffen und soziale Interaktion zu ermöglichen. Um das New Normal zu managen, sollte es zudem feste Führungsaufgabe sein, Kultur erlebbar zu machen und Rahmenbedingungen für eine selbstwirksame Arbeit zu schaffen.
„Es ist nicht die Frage ‚Agil oder nicht?‘. Es ist ein Sowohl-als-auch.“ Kerstin Potthoff-Koß
New Work bei Dräger
Für Change-Managerin, Team- und Business-Coach Kerstin Potthoff-Koß gibt es für Führung, Zusammenarbeit und Unternehmenskultur kein New Normal. Die Arbeitsbedingungen haben sich verändert, ebenso wie die Bedürfnisse der Mitarbeiter. „Wir geben jedem Team die Autonomie und die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie es arbeiten möchte. Agil ist nicht für jeden wichtig. Es gibt auch durchaus Teams, die klassisch weiterhin im Wasserfallmodell oder in einem ganz anderen Set-up arbeiten möchten. Jeder Mensch, jeder Mitarbeiter hat unterschiedliche Bedürfnisse. Hier müssen wir ganz genau hinschauen, wie wir die bestmöglichen Arbeitsverhältnisse schaffen können. Das kann zeitliche Flexibilität sein, aber auch eine räumliche Entzerrung“, so Potthoff-Koß. Bei Dräger gibt es daher nun als Prototyp auch ein Shared-Desk-Konzept mit einem Activity-Based Working Office. Gleichzeitig wird überlegt, wie man parallel dazu Coworking Spaces einbinden kann.
Das Selbstverständnis als Führungskraft
„Agile Führung bedeutet für mich, den Rahmen zu setzen, damit mein Team am besten performen kann. Jeder Tag sollte besonders sein, und Führungskräfte sollten für ihre Mitarbeiter die Leitplanken setzen, damit sie sich entfalten und ihre Arbeit bestmöglich erledigen können.“ Nicht am Menschen, sondern mit den Menschen zu arbeiten ist Potthoff-Koß wichtig. In ihrem Team bilden Agilität und Selbstorganisation die Grundlage einer bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Als Impulsgeberin, New-Work-Lotsin und Ideengeberin sieht sie es als ihre Aufgabe an, den bestmöglichen Nährboden zu schaffen, damit sich ihre Mitarbeiter entfalten können. „Wichtig dabei ist ein gutes Set-up für das Individuum. Ich glaube, die Zukunft wird ganz viele unterschiedliche Varianten und Optionen der Arbeit aufweisen. Es gibt zum Glück nicht mehr die One-fits-all-Lösung“, resümiert Potthoff-Koß.
Beide Expertinnen sind sich darin einig, dass New Work neben den Vorteilen flexibler Arbeitsmodelle auch viele neue Anforderungen an Mitarbeiter und Führungskräfte mit sich bringt. Neben einem neuen Führungskräfte-Skillset und der Übernahme neuer Führungsaufgaben wie des Mental Health Management erfordert New Work von den Mitarbeitern vor allem Inner Work, nämlich herauszufinden, wo und wie sie am produktivsten arbeiten können und wollen.