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Transformation gestalten: Interview mit Andreas Loroch

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In einer sich schnell verändernden Geschäftswelt sind Führung und klare Werte unerlässlich. Wie können Führungskräfte ihren Mitarbeitern den Weg in die Zukunft ebnen und das Unternehmen nachhaltig weiterentwickeln? Im folgenden Interview erläutert Andreas Loroch die Bedeutung von Unternehmensidentität und Kundenzentrierung für die Gestaltung von Transformationsprozessen. Er erklärt, welche Rolle Führungskräfte bei der Entfaltung des vollen Potenzials ihrer Teams spielen und wie Unternehmen durch gezielte Transformation nachhaltig erfolgreich bleiben können.

Andreas, eure Vision bei VORSPRUNGatwork ist es, eine Wirklichkeit zu schaffen, in der jede bzw. jeder einen wertvollen Beitrag leisten kann. Wie siehst du die Rolle von Führungskräften bei der Umsetzung dieser Vision in Unternehmen?

Ich glaube, es gibt zwei wesentliche Aufgaben, die Führungskräften dabei zukommen. Zum einen ist es enorm wichtig, auf Basis einer starken Unternehmensidentität Orientierung zu geben. Denn damit jeder einzelne Mensch wirksam werden kann, braucht es erst mal eine klare Richtung und einen klaren Rahmen, wohin man sich und wie man sich als Ganzes entwickeln möchte: Wer sind wir als Unternehmen, wofür stehen wir, was macht uns aus? Zweitens sollten Führungskräfte immer im Blick haben, wo andere Rahmenbedingungen benötigt werden, damit Mitarbeitende wirksamer agieren und noch besser zur Unternehmensentwicklung beitragen können. Bei der individuellen Wirksamkeit geht es auch darum, immer wieder zu befähigen, zum Beispiel in Form von individueller Unterstützung oder Coachings.

Ihr sprecht davon, dass nachhaltiger Unternehmenserfolg nur durch die permanente Aktivierung von Chancen und Potenzialen möglich ist. Welche konkreten Schritte oder Ansätze empfiehlst du Unternehmen, um diese Aktivierung zu erreichen?

Vor allen Dingen muss sich das Unternehmen stark daran ausrichten, aktiv an der Kundenschnittstelle zu agieren – das heißt konkret, Produkte nicht einfach am Markt zu platzieren, sondern permanent neue Chancen auszulesen. Diese Chancen liegen in den Bedarfen, Wünschen, Problemen oder Zielen der Kunden. Damit ich wahrgenommene Chancen auch realisieren kann, ist es im nächsten Schritt wichtig, die notwendigen organisatorischen Veränderungen zuzulassen. Wenn Menschen im Unternehmen ihr Potenzial voll entfalten sollen, braucht es eine dynamische Organisation, die immer wieder neue Rahmenbedingungen zulässt. Nur so können Mitarbeitende immer wieder neue Kompetenzen aufbauen und einbringen.

Ihr betont, dass die Verbindung von scheinbar widersprüchlichen Ideen und Ansätzen in einem ganzheitlichen Unternehmenssystem von großer Bedeutung ist. Wie können Unternehmen diese Verbindung erfolgreich herstellen, insbesondere in Zeiten schnellen Wandels?

Es ist genau dieser schnelle Wandel, der Unternehmen ständig fordert, weil neue Anforderungen oder relevante Perspektiven auf sie einprasseln. Um dem zu begegnen, lohnen sich die bestehenden Herangehensweisen aber nicht mehr. Anders ausgedrückt, kann man die Vielfalt, die seitens der Märkte auf Unternehmen einwirkt, als Komplexität bezeichnen. Um mitzuhalten, muss die eigene Komplexität ebenfalls erhöht werden. Sie erwächst daraus, dass ich mich erst mal mit den unterschiedlichsten Perspektiven auseinandersetze und daraus neue Zusammenhänge kreiere. Gemeinsam und vernetzt kann ich somit zu den besten Entscheidungen kommen.

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Euer Ansatz legt den Fokus auf die Entwicklung einer stabilen Unternehmensidentität und die Ausrichtung auf Kundenschnittstellen. Kannst du einige Beispiele oder Best Practices nennen, wie Unternehmen dies erfolgreich umsetzen können?

Genau, immer wenn wir Strategieentwicklung machen, sind das die beiden Dinge, an denen wir arbeiten. Was die Entwicklung der Unternehmensidentität angeht, verweise ich gern auf unsere Webseite, denn bei nahezu allen Unternehmen, mit denen wir arbeiten, steht die Identität in puncto Transformation am Anfang. Wichtig ist hier, dass die Identität aus sich selbst heraus entwickelt wird und nicht von einer Agentur, die man inhaltlich damit beauftragt. Wenn es um die Ausrichtung an Kundenschnittstellen geht, fällt mir dm als Paradebeispiel ein. Als frisch gebackener Papa ohne jegliche Ahnung von Babyprodukten hat man mich damals immer an die Hand genommen und mir alles ausführlich erklärt. Die Kundenzentrierung wird bei dm einfach klar. Das mag einen vielleicht wundern, aber Amazon ist ein weiteres gutes Beispiel. Das Unternehmen hat seinen Vertrieb nämlich darauf ausgerichtet, Probleme direkt beim Kunden „einzusammeln“ und ihn bei der Lösung idealerweise einzubinden.

Transformation ist ein Schlüsselwort in der heutigen Arbeitswelt. Was zeichnet deiner Meinung nach transformationsfähige Unternehmen aus und wie können sie diese Fähigkeit langfristig erhalten?

Transformationsfähige Unternehmen zeichnet aus, dass sie aktiv in der Lage sind, Veränderung zu gestalten – und zwar immer im Abgleich der neuen Chancen im Markt mit der Unternehmensidentität. Das erfordert primär zwei Fähigkeiten: Erstens geht es darum, diese Veränderung möglichst schnell gestalten zu können, es ist also ein hoher Innovationsgrad gefragt. Parallel dazu heißt Transformationsfähigkeit, alte und überflüssige Rahmenbedingungen konsequent abzuschneiden, sprich Verschwendungsreduktion zu betreiben.

Welche Maßnahmen oder Strukturen können Unternehmen implementieren, um ein Umfeld zu schaffen, das diese Mobilität und Potenzialentfaltung fördert?

Zu erkennen, welch nachhaltige Erfolgschancen im menschlichen Vermögen stecken, steht ganz oben. Die Grundmaßnahme ist demnach ein positives Menschenbild als Prämisse zu entwickeln und die Ausrichtung der Unternehmung an diesem zu manifestieren. „Menschen mit Menschen für Menschen“ ist also die permanente Quelle für die Aktivierung von Chancen und Potenzialen. Was die Strukturen anbelangt, gibt es einige Organisationsprämissen: Dazu zählt, dass man sich grundsätzlich von Top-down und Bottom-up verabschiedet und stattdessen auf Inside-out und Outside-in setzt, sprich: Wie bringe ich meine Identität in den Markt und wie überführe ich die Chancen des Marktes in meine Unternehmung? Außerdem sollte die Anzahl der Personen pro Unternehmenseinheit bei etwa 120 bis 150 liegen, denn die Größe von sozialen Systemen, in denen Kommunikation als Bindeglied funktioniert, ist schlicht begrenzt. Flache Hierarchien und die maximale Dezentralisierung von Verantwortung sind ebenfalls wichtige Maßnahmen.

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In Bezug auf Kulturwandel und Innovation: Wie können Unternehmen den Balanceakt zwischen dem Bewahren bewährter Praktiken und der Notwendigkeit, sich ständig neu zu erfinden und innovativ zu bleiben, meistern?

Kultur ist ein Schatten der Organisation, also keine direkt beeinflussbare Größe. Damit man trotzdem kulturelle Stabilität schaffen kann, braucht es wieder einmal eine starke Identität als Metarahmenbedingung. Denn wenn ich viele neue Dinge wage und mir dabei die Rahmenbedingungen fehlen, muss Identität der zentrale Faktor sein, der kulturprägend ist und Stabilität bietet. Wie viel Innovation und Neuerfinden gefordert sind, hängt immer vom Markt ab. Dabei ist es ebenfalls möglich, dass Innovation überhaupt nicht zielführend ist, etwa wenn der Markt die Nachfrage nach einem Produkt noch nicht deckt. Dann heißt es nämlich, erst mal linear und effizient zu replizieren. Was aber, wenn du das Gefühl hast, da draußen gibt es Kunden mit einem Problem, das kein anderer löst? Wenn deine Kompetenzen es zulassen, dieses Problem anzugehen, dann ist eben der Mut zur Innovation gefragt. Die Zukunft liegt darin, dass beide Ausprägungen (also linear replizieren oder innovieren) in ihrer Größenordnung variieren. Und das setzt eine weitere wichtige Fähigkeit voraus: die Arbeit am System. Unternehmen müssen nämlich lernen, ihre Rahmenbedingungen immer wieder anzupassen, um beiden Ausprägungen gerecht zu werden. Die Verantwortung für die Unternehmensentwicklung sollte dabei weitestgehend dezentral gestaltet werden, sodass man in der Organisation jederzeit in der Lage ist, am System zu arbeiten.

Was würdest du abschließend Führungskräften raten, die ihre Unternehmen in eine agilere, innovativere und menschenzentriertere Zukunft führen wollen?

Ich würde die Zielsetzungen für den Moment einzeln betrachten. Mein Rat für eine menschenzentriertere Zukunft: in die eigene Selbstführung investieren. Denn darin liegt die Sicherheit in der Unsicherheit. Wenn ich ganz bei mir bin, also mir meiner eigenen Identität sicher bin, bereitet mir Wandel keine Probleme, sondern Freude. Dann bin ich nicht reaktiv, sondern kann aktiv und selbstbestimmt handeln – und ausgehend davon auch andere gut führen. Beim Stichwort Innovation geht es darum, Räume zu schaffen, die den Perspektivwechsel und die Gestaltung zulassen. Agilität bedeutet zu lernen, in vernetzten Strukturen zu agieren. Natürlich bedingt sich das alles gegenseitig: Denn nur wenn ich den Menschen in den Mittelpunkt stelle, öffnen sich Gestaltungsräume und ist Innovation möglich. Und das in Wertschöpfung zu überführen, heißt wiederum, vernetzt zu sein.

Andreas, vielen Dank für das Gespräch.

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Andreas Loroch ist Mitgründer und Co-CEO der VORSPRUNGatwork GmbH. Sein Slogan „Turning VISION into PASSION“ beschreibt ihn eindeutig. Die Vision „Eine Wirklichkeit zu schaffen, in der jede*r unbegrenzt werthaltig beitragen kann“ ist die Triebfeder seines Wirkens. Er ist überzeugt davon, dass Geschäftssysteme, deren Mittelpunkt die Menschen sind, nachhaltig marktbestimmend sind. Das Design und die Architektur von hochwandlungsfähigen Geschäftssystemen sowie ihre Transformation sind sein Spezialgebiet. Sein positives Menschenbild ist der Schlüssel im Umgang mit jeglicher Komplexität. Weitere Informationen: https://vorsprungat.work/

Titelbild: unsplash.com / @Milad Fakurian

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