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Dr. Stefan Carsten über Stadt- und Raumentwicklung und die Zukunft der Arbeit

ORGATEC-Highlights

Dr. Stefan Carsten
Orgatec 2022
Jasmin Najiyya Jasmin Najiyya ·
5 Minuten

Das IBA Forum bot auf der ORGATEC ein vielfältiges Vortragsprogramm. Auf Einladung der New Work SE und des IBA sprach Dr. Stefan Carsten, Autor und Experte für Mobilität, am 25. Oktober 2022 über die Zukunft der Arbeit und ihre Auswirkungen auf die Stadt- und Raumentwicklung.

Wissensarbeit braucht neue Räume. Räume, die unsere Lebenswelten integrieren und dem Gedanken von Austausch und Gemeinschaft folgen. Viele europäische Nachbarländer zeigen uns, wie Stadtentwicklung Raum so inszenieren kann, dass sich Wohnen, Arbeit und Freizeit so gruppieren lassen, dass alle Bereiche in kurzer Zeit zu erreichen sind. Und seien wir ehrlich: Arbeitsplätze werden immer hybrider, legen ihren Fokus auf Kommunikation, gegenseitiges Lernen und Kreativität und umfassen künftig neben dem klassischen Büro oft auch Cafés, Ateliers oder öffentliche Plätze.

Redefinition von Stadtentwicklung und Arbeitsräumen

Für Dr. Stefan Carsten wird Stadtentwicklung immer häufiger unterschiedliche Angebote auf kleinem Raum miteinander verbinden und die Mobilität allerorts weiter flexibilisieren. Konzepte wie die 15-Minuten-Stadt beziehungsweise die 15-Minuten-Region, die uns in kurzer Zeit unsere Arbeits‑, Lebens- und Freizeitwelten erreichen lassen, und auch das schwedische Modell der 1‑Minuten-Stadt führen künftig zu einer Abkehr von monofunktionalen Räumen hin zu einer Redefinition suburbaner Gewerbegebiete. Neue Unternehmensstandorte werden entstehen, die dem modernen Prinzip der Corporate City entsprechen, wie es beim neuen Metro Campus in Düsseldorf der Fall ist. Das Headquarter als Ort, den Mitarbeiter gern aufsuchen, um sich mit ihren Kollegen auszutauschen, mit Arbeitsplätzen, die zum Arbeiten einladen, und attraktiver öffentlicher Raum, der sich in unmittelbarer Nähe befindet und Mitarbeiter wie Gesellschaft gleichermaßen begeistert, sind Eckpfeiler der Zukunft der Arbeit.

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„Wir arbeiten in Zukunft im Campus. Wir brauchen nicht all diese Funktionen im Office, sondern wir bedienen uns in Zukunft an der Stadt, in der Stadt.“ Dr. Stefan Carsten

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Von Modellprojekten lernen

Das Konzept der 5‑Minuten-Stadt im dänischen Nordhavn, einem Bezirk Kopenhagens, ist das größte Stadtbauprojekt Europas und internationales Vorbild für nachhaltige Stadtentwicklung. Nordhavn wurde als „Stadt der kurzen Wege“ konzipiert, in der Geschäfte, Institutionen, Arbeitsplätze, Kulturstätten und öffentliche Transportmittel innerhalb von 5 Minuten von jedem beliebigen Ort des Quartiers aus zu erreichen sind. 40.000 Einwohner wohnen in Nordhavn zentrumsnah und dennoch in unmittelbarer Nähe zur Natur. In der 5‑Minuten-Stadt gibt es nur 1.800 Parkplätze für Autos. Den Rest an Mobilität übernehmen das Fahrrad, der Fußverkehr, eine Hochbahn und autonome Shuttles, die die Einwohner zur Arbeit oder nach Hause bringen. Was in puncto Transformation in Stadtentwicklung und Mobilität teilweise in Deutschland noch als Zukunftsmusik gilt, ist in Nordhavn schon gelebte Realität.

Junge Generation als Treiber neuer Mobilitätskonzepte

Auch in Deutschland schreitet die Transformation von Mobilitätskonzepten voran. Dabei stellen insbesondere die jungen Generationen neue Anforderungen an Räume der Mobilität, was künftig zur Entstehung von Mobility Hubs, innerstädtischen Orten, die uns verschiedene Mobilitätsoptionen zur Verfügung stellen, und zur Schaffung einer Vielzahl an alternativen Mobilitätsangeboten führen wird, Stichwort: Seamless Mobility. In der Arbeitswelt bedeutet das insbesondere auch anstelle von Dienstwagen und Parkplatz den Wunsch nach Mobilitätsbudgets, über die Mitarbeiter frei verfügen und ihre Fortbewegung individuell gestalten können.

Die Trendstudie „Mobility Zeitgeist“ zu den Mobilitätsbedürfnissen der Generation Z, die Stefan Carsten im Jahr 2020 unter mehr als 2.000 zufällig ausgewählten Personen in der Zielgruppe der 18- bis 23-Jährigen gemeinsam mit Ford durchgeführt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass Mobilität insgesamt einen sehr hohen Stellenwert bei der Generation Z genießt, wenngleich sie mit Mobilität zu 64 % Flexibilität, zu 58 % Unabhängigkeit und zu 54 % Freiheit assoziiert. Heißt konkret, für 59 % der Befragten zählt das Zufußgehen, für 47 % den ÖPNV nutzen, für 27 % das Fahrradfahren und für 26 % das Bahnfahren zu den fünf wichtigsten Mobilitätsformen. Das Auto bleibt mit 44 % weiterhin sehr wichtig, wird oft aber in Form von Carsharing genutzt. Das Auto bleibt also Teil des Mobilitätsnetzwerks, verliert aber verglichen mit dem Stellenwert, den es vor allem bei älteren Generationen genießt, an Bedeutung.

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Mobility Hubs prägen auch Arbeitsräume

Vielfalt wird künftig auch unsere Arbeitsräume prägen. Das LOLA, das Locals Logistic Lab in Hamburg, ist ein Beispiel dafür, wie Arbeit künftig gestaltet werden kann. In das moderne Gebäude, das an einer stark frequentierten Straße liegt, führt ein Fahrradweg direkt ins Haus. Die erste Ebene umfasst eine Fahrradstation, darüber befinden sich mehrere Ebenen mit Büros, Wohnungen und einem Dachgarten, den alle Menschen aus dem Kiez aufsuchen und gemeinschaftlich nutzen können. Egal, wie die Zukunft der Arbeit konkret aussehen wird, so ist eines klar: Wir werden Arbeit neu denken und neue Raumangebote schaffen.

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„Mobilität verändert Räume. Diese Mobilität wirkt wieder zurück auf die Arbeitsräume.“ Dr. Stefan Carsten

Den kompletten Mitschnitt des Vortrags mit dem Titel „Blick in die Zukunft der Arbeit“ finden Sie in der Mediathek. Mehr von Zukunftsforscher und Stadtgeograf Dr. Stefan Carsten finden Sie unter www.stefancarsten.net. Moderiert wurde der Beitrag von Thomas Ramge, Redakteur bei brand eins, Autor, Keynote-Speaker und Dozent an der Universität der Künste Berlin.

Titelbild: IBA