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Die Macht der Räume

Raumpsychologie

Bildquelle: AART architects Aarhus (aus New Work Order – Kreative Lernwelten)
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
3 Minuten

London im Oktober 1943. Als Folge der Zerstörung ihrer Sitzungsräume durch die deutsche Luftwaffe im Jahr 1941 debattierten die Parlamentarier des Unterhauses über die Frage: wieder aufbauen oder neu gestalten? Viele Politiker wünschten sich einen moderneren Versammlungsort in einem Halbrund. Nicht so Winston Churchill. Mit den Worten „First we shape our buildings; thereafter they shape us“ votierte er gegen eine Neugestaltung und setzte sich durch. Das Unterhaus wurde originalgetreu wieder aufgebaut. Heute spricht die Erkenntnis des ehemaligen britischen Premierministers dafür, mit der Arbeitsorganisation auch die Räume zu verändern.

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Anders als im Sitzungssaal des Deutschen Bundestages, in dem die Parlamentarier im Halbkreis Platz nehmen, teilen sich die englischen Abgeordneten des Unterhauses auf zwei gegenüberliegende Bankreihen auf. Rechts des Speakers, der die Parlamentssitzungen leitet, sitzen die Vertreter des Regierungslagers. Links des Speakers befinden sich die Sitzreihen der Opposition. Die sprichwörtlichen roten Linien auf dem Boden markieren die Grenzen, die während einer Debatte nicht überschritten werden dürfen.

Churchill war fest davon überzeugt, dass die klare Strukturierung des Raums die Parteienlandschaft des Vereinigten Königreichs und die dort übliche Streitkultur geprägt habe. Eine Sitzordnung im Halbrund, wie sie andernorts üblich ist und auch für den Wiederaufbau zur Diskussion standen, würden daher auch die parlamentarische Kultur verändern. Das war nicht im Sinne des britischen Unterhauses; die Parlamentarier folgten der Argumentation Churchills und entschieden sich mehrheitlich für einen weitgehend unveränderten Wiederaufbau ihres Sitzungssaals.

Deutscher Bundestag, Berlin; Bildquelle: ullstein bild – Christian Bach
Deutscher Bundestag, Berlin; Bildquelle: ullstein bild – Christian Bach
Commons Chamber, Palace of Westminster, London; source: Alamy Stock photo – Arcaid Images
Commons Chamber, Palace of Westminster, London; source: Alamy Stock photo – Arcaid Images

Einrichtungsbeispiel „Lernräume“

Dass Räume das Verhalten der Nutzer beeinflussen, machen sich auch die Gestalter von Lernräumen zunutze. Die VUC Syd, eine Schule im dänischen Haderslev, setzt auf Räume, die bewusst nicht an die typische Schule erinnern. So lädt beispielsweise ein Iglu zum Gedankenaustausch ein. Die Schüler können Inhalte von ihren Tablet-PCs direkt auf den zentralen Bildschirm in der Raummitte übertragen und dort zur Diskussion stellen. Akustisch und optisch sind die Parzellen durch die Wände des Iglus von der Umgebung getrennt und behalten dennoch einen offenen Charakter, der auch andere Personen zur Teilnahme einlädt. Herkömmliche Unterrichtsräume sind in der dänischen Vorzeigeschule, die sich selbst Schule der Zukunft nennt, passé. Neben den Iglus gibt es stattdessen Räume mit langen Tischen, um die sich alle Schüler einer Klasse versammeln können, sowie kleinere Tische und Sitzgruppen für Team- oder Einzelarbeit. Durch die Wahl der Räume können Lehrer und Schüler, die Art und Weise, wie gelernt wird, steuern.

Seminarraum mit Frontalausrichtung; Bildquelle: shutterstock – Natursport
Seminarraum mit Frontalausrichtung; Bildquelle: shutterstock – Natursport
Iglu in der VUC Syd, Haderslev; Bildquelle: AART architects Aarhus (aus New Work Order – Kreative Lernwelten)
Iglu in der VUC Syd, Haderslev; Bildquelle: AART architects Aarhus (aus New Work Order – Kreative Lernwelten)

Kommunikation und Kreativität

Vieles in den neuen Schulkonzepten erinnert an moderne Büros, in denen als Ergänzung zu den klassischen Meetingräumen immer mehr Projekträume und Orte für die spontane Kommunikation entstehen. Jeder dieser Räumlichkeiten entfaltet seine eigene Wirkung und bestimmt, wie Menschen miteinander interagieren.

„… they shape us“; diese Erkenntnis Churchills gilt nach wie vor. Aber was im Jahr 1943 noch dafür sprach, alles beim Alten zu belassen, mahnt heute zur Veränderung.

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