Das Creation Center Europe befindet sich oben auf einem ehemaligen Luftschutzbunker, direkt neben dem größten Konzernstandort in Ludwigshafen. Besucher erwartet im denkmalgeschützten Gebäude ein Einblick in die Welt von BASF Performance Materials. Ein Ort, an dem die Materialien erkundet werden können und an dem Designer, Ingenieure und Entwickler von BASF-Kunden in der frühen Phase des Innovationsprozesses unterstützt werden. Die IBA Forum-Redaktion sprach mit Andreas Mägerlein und Eva von Traitteur über Technologie, Innovation und die Wirkung von Räumen.
Herr Mägerlein, Frau von Traitteur, seit wann gibt es das Creation Center Europe und welche Intention verfolgen Sie damit?
Andreas Mägerlein: Die Geschichte des Creation Centers reicht bis ins Jahr 2006 zurück, als die designfabrik® – noch auf dem Werksgelände – als Anlaufstelle für Designer mit Fragen rund um das Thema Kunststoffeinfärbung gegründet wurde. Im Laufe der Jahre haben wir dann unser Angebot erweitert und uns mehr auf Technologien, Kunststoffverarbeitung und den Einsatz von Kunststoffen konzentriert. Im Jahr 2020 haben wir schließlich das Creation Center vor den Werkstoren eröffnet. Ziel des Creation Centers ist es, einen Ort zu schaffen, an dem unsere Kunden in einem inspirierenden Umfeld gemeinsam mit Inhouse-Experten innovative Produkte entwickeln können.
Eva von Traitteur: Die Idee war es, Räume zu schaffen, die sowohl funktional als auch inspirierend sind. Wir wollten einen Ort gestalten, an dem sich Designer, Ingenieure und Entwickler austauschen und kreativ arbeiten können. Das Creation Center bietet genau diese einzigartige Atmosphäre.
Welche gestalterischen Ansätze verfolgt das Creation Center und wie unterstützen die Räumlichkeiten Innovationsprozesse?
Eva von Traitteur: Das Design des Creation Centers wurde von innen nach außen entwickelt. Wir haben uns an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert und die Räume so gestaltet, dass sie unterschiedliche Arbeits- und Interaktionsmöglichkeiten bieten. Die Materialbibliothek ist das Herzstück des Creation Centers und eine Inspirationsquelle. Darauf aufbauend haben wir Besprechungsräume und offene Bereiche gestaltet, in denen direkt an den Problemen gearbeitet und die Inspiration schließlich in ein Produkt umgesetzt wird. Das war die Vision für das Creation Center. Deshalb lautet auch die Subline des Creation Centers „Discover – Unterstand – Create“. Das sind die drei Phasen, die man im Creation Center durchläuft. Im Atrium können die Kunden unsere Materialwelt entdecken, das Verstehen findet in den Besprechungsräumen statt und das Gestalten dann im Anschluss, oft auch erst, wenn die Kunden wieder im Unternehmen sind.
Andreas Mägerlein: Ein wesentliches Gestaltungselement sind die schwebenden Plattformen, eine Atmosphäre der Offenheit unter anderem im Atrium und die spezielle Fassade, die den chemischen Aufbau von Schaumstrukturen widerspiegelt. Diese architektonischen Besonderheiten tragen zur Raumatmosphäre bei und machen das Gebäude zu einem Ort der Innovation. Insbesondere durch die vielen Sichtachsen entstehen unterschiedliche Perspektiven, die dem Besucher immer wieder neue Eindrücke vermitteln. Ich kann meinen Blick in die Ferne auf die Pfälzer Berge schweifen lassen oder in das Werk hineinschauen. Faktoren, die für kreative und innovative Prozesse wertvoll sind. Vor allem das Atrium als eine Kombination von Hörsaal und Werkstatt wird gern genutzt. Der Hörsaal als Ort für Präsentationen und Diskussionen, während in der Werkstatt an der Entwicklung von Prototypen gearbeitet werden kann. Gerade diese Nähe von Theorie und Praxis macht das Besondere des Creation Centers aus.
Was verbirgt sich hinter der Materialbibliothek?
Andreas Mägerlein: Die Materialbibliothek ist der Kern des Creation Centers. Sie bietet Zugang zu Hunderten von Produktproben und ermöglicht es, die Eigenschaften und Möglichkeiten unserer Materialien direkt zu erleben und technische Informationen zum Produkt zusammenzutragen, die dann an ein Kollaborationstool weitergeleitet werden. Auf den Punkt gebracht könnte man sagen, die Bibliothek dient als Inspirationsquelle und unterstützt unsere Kunden bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Ideen.
Welche Nachhaltigkeitsaspekte wurden bei der Raumplanung berücksichtigt?
Eva von Traitteur: Nachhaltigkeit war ein zentraler Aspekt bei der Planung des Creation Centers. Wir haben eine gut gedämmte Fassade und nutzen ein innovatives Klimasystem, das Flusswasser als Energiequelle verwendet und durch eine Wärmerückgewinnungsfunktion besonders effizient ist. Darüber hinaus haben wir die Auflagen des Denkmalschutzes berücksichtigt und das Gebäude so geplant, dass es den modernen Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit entspricht.
Wie unterstützen Räume und Tools im Creation Center die funktionsübergreifende Zusammenarbeit?
Andreas Mägerlein: Offene Arbeitsbereiche, flexible Besprechungsräume und unsere zentrale Materialbibliothek schaffen ein Umfeld, in dem Designer, Ingenieure und Entwickler inspiriert zusammenarbeiten können. Nähe und direkter Austausch sind wichtig für Innovationsprozesse. Gemeinsam mit Experten der BASF können unsere Kunden in einer unterstützenden Umgebung nahtlos am Design über die Produktverbesserung bis hin zur Prototypenentwicklung arbeiten. Dabei können sie interaktive digitale Tools nutzen und an Workshops zur Ideenfindung und Materialberatung teilnehmen. Die Wahl der Methoden richtet sich dabei immer nach den jeweiligen Kundenbedürfnissen. Sie reichen von klassischen Workshops bis hin zu speziellen Techniken wie agilen Methoden.
Welche Rolle spielt Technologie bei der Entwicklung neuer Produktideen?
Eva von Traitteur: Eine ganz zentrale. Technologie ermöglicht es uns, komplexe Prozesse zu simulieren, Prototypen schneller zu erstellen und neue Materialien zu testen. Gleichzeitig ist sie ein wichtiger Bestandteil unserer Workshops und Innovationsprozesse, da sie den Teilnehmern hilft, ihre Ideen zu visualisieren und weiterzuentwickeln. Wir nutzen modernste Technologien wie die Simulation des Herstellprozesses von Kunststoffbauteilen, um unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen und ihnen zu helfen, innovative und marktfähige Produkte zu entwickeln.
Die BASF hat weltweit noch weitere Creation Center. Haben diese den gleichen Spirit oder gibt es Unterschiede?
Eva von Traitteur: Alle Creation Center weltweit teilen die gleiche Grundidee und den gleichen Spirit, dennoch gibt es Unterschiede, die auf kulturelle und regionale Besonderheiten zurückzuführen sind. Neben dem Creation Center in Mumbai, das nach unserem erbaut wurde, gibt es Zentren in Shanghai und Yokohama, die ursprünglich als designfabrik starteten. Wir haben damals einen Styleguide entwickelt, der gewisse Vorgaben macht, wie ein Creation Center auszusehen hat. Das Thema der Fassade, die den chemischen Aufbau von Schaumstrukturen sowie eine molekulare Struktur und den Verbundcharakter widerspiegelt, ist ein wiederkehrendes Element, das entweder als Fassade oder als 3D-Elemente im Innenraum verwendet wird. Außerdem haben wir uns für die Farbe Orange entschieden, eine der sechs Unternehmensfarben der BASF.
Andreas Mägerlein: Genau, und obwohl wir eine gewisse Einheitlichkeit anstreben, um die Wiedererkennbarkeit zu gewährleisten – vor allem für unsere globalen Kunden, die verschiedene Creation Center besuchen –, gibt es dennoch regionale Anpassungen. In China zum Beispiel haben unsere Kollegen eine Vorliebe für eine „High-Tech“-Atmosphäre statt einer Werkstattumgebung. Diese kulturellen Unterschiede fließen in die Gestaltung der einzelnen Center ein. Das übergeordnete Ziel, eine inspirierende Umgebung zu schaffen, in der innovative Ideen entstehen können, bleibt jedoch überall gleich.
Vielen Dank für das Gespräch und den Einblick in das Creation Center.