Leben und arbeiten in einer von der Natur inspirierten Umgebung – das steckt hinter dem Begriff biophiles oder Biophilic Design. Das architektonische Konzept verknüpft das Innen und Außen und stellt in Büros den Bezug zur Natur wieder her. Auf Einladung des Magazins FRAME und des IBA sprach im Herbst 2020 der Architekt und Interior Designer Oliver Heath in seinem „Vortrag Inside out – Outside in“ über Biophilic Design und verdeutlichte, wie sich mit biophilen Gestaltungselementen ansprechende, mitarbeiterzentrierte Büroarbeitsplätze schaffen lassen.
Heath verbindet in seiner Arbeit einen im Beratungsunternehmen Terrapin Light Green entwickelten neurowissenschaftlichen Ansatz zum biophilen Design mit dem soziopsychologischen Konzept des Sozialökonomen Stephen Kellert, der sich darauf fokussiert, wie biophiles Design Gemeinschaften aufbauen und Zusammenarbeit stärken kann.
Definition: Biophilie
Biophilie, die „Liebe zur Natur bzw. zu lebenden Dingen“, konzentriert sich auf die angeborene Anziehungskraft, die die Natur und natürliche Prozesse auf Menschen ausüben. Biophilie geht davon aus, dass Menschen eine genetisch bedingte Verbindung zur Natur haben und das Bedürfnis, ihr nahe zu sein.
Der Begriff Biophilie wurde vom amerikanischen Biologen Edward O. Wilson in den 1980er Jahren geprägt. Er beobachtete, wie die zunehmende Urbanisierung zu einer Entkoppelung der Menschen von der Natur führte. Wilson formulierte die Hypothese, dass Menschen ein genetisch begründetes Bedürfnis haben, im Einklang mit der Natur zu leben. Durch die zunehmende Abwanderung vom Land in städtische Umgebungen gewann das Konzept der Biophilie schnell an Bedeutung und ist heute ein wichtiger Faktor der menschenzentrierten Gestaltung von Einrichtungen.
Der Ansatz von Terrapin Light Green
Nach dem Ansatz von Terrapin Light Green besteht biophiles Design aus 14 Gestaltungsprinzipien, die in die drei Kategorien „Natur im Raum“, „Analogien zur Natur“ und „Natur des Raums“ unterteilt werden. Er integriert Naturelemente in die Büroumgebung und stellt auch mit gestalterischen Maßnahmen den Bezug zur Natur her.
Ausschnitt aus der Aufzeichnung: Oliver Heath über Wege, eine natürlich wirkende Umgebung zu schaffen. → The complete recording on Biophilic Design you will find in our media center.
1. Säule: Natur im Raum
Natur im Raum beschreibt die direkte Präsenz von Natur im Büro. Freie Sicht auf die Natur bedeutet zum Beispiel fensternahe Arbeitsbereiche sowie Pflanzen, Blumen und begrünte Wände. Gestaltungselemente wie ein durchdachtes Lichtkonzept, Düfte, Musik und Wasserinstallationen wirken sich zusätzlich positiv auf die menschlichen Sinne aus.
2. Säule: Analogien zur Natur
Unter Analogien zur Natur verstehen Bürodesigner organische, nicht lebende und indirekte Anklänge an die Natur. Hergestellt werden sie mit Objekten, Materialien, Farben, Formen, Abfolgen und Mustern, die sich auch in der Natur finden, und durch die Integration von bestimmten Möbeln, Dekorationen und Textilien in die Büroumgebung.
3. Säule: Natur des Raums
Diese Säule meint die Schaffung von Räumen, die Abstand vom Arbeitsalltag gestatten und die Natur des Raums erlebbar machen. Dabei entstehen Rückzugsorte zum Erholen, Entspannen und zum Auftanken neuer Energie.
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Der Ansatz von Stephen Kellert
Der Biophilie-Ansatz von Stephen Kellert legt Wert auf die Erzeugung eines Gemeinschaftsgefühls. Dies fördere Kreativität, soziale Interaktion, Wissensaustausch und das Lernen von anderen, außerdem mache es Pausen besonders wertvoll, da auch sie zum Beispiel mehr Raum zur Entfaltung von neuen Ideen böten.
Heath kombiniert die beiden Ansätze und bündelt sie in den folgenden sieben Designkennzeichen:
- Vielfalt der Räume
- Zonierung der Räume
- Weiche Begrenzungen
- Begegnungsräume
- Wachsende (anpassungsfähige) Räume
- Sensorische Räume
- Triangulation
Ausschnitt aus der Aufzeichnung Oliver Heath zu den 7 Merkmalen des Biophilic Design. → Den kompletten Mitschnitt zu dem Vortrag über biophiles Design finden Sie in unserer Mediathek.
Der Nutzen biophilen Designs
Unternehmen, die mit biophilem Design das Wohlbefinden und den Community-Gedanken stärken, erzielen gleich mehrere positive Effekte. Sie schaffen eine angenehme Arbeitsatmosphäre, unterstützen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter und zeigen sich als attraktiver Arbeitgeber.
Laut Heath versetzen biophiles Design und seine gestalterischen Elemente Beschäftigte nachweislich in einen besseren physischen und mentalen Zustand, dies führe im Büro zu mehr Zufriedenheit, Kreativität und produktiveren Arbeitsergebnissen. Heath berichtet von Studien, nach denen Büros mit biophilen Elementen das Wohlbefinden der Mitarbeiter signifikant steigern, sie sind wesentlich kreativer und auch ihre Produktivität erhöht sich.
Ein spannender Ansatz, der nicht nur den ästhetischen Sinn von Menschen anspricht, sondern auch wirkungsvoll ist – Arbeitgeber, die ihre Attraktivität steigern wollen, werden auf diesen Baustein künftig bestimmt noch häufiger zurückgreifen.
Das Titelbild wurde aus Inhalten des Vortrags am 29. Oktober 2022 zusammengestellt.